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Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Der Klimawandel bedroht den gesamten Planeten Erde und auch wenn es der Mensch niemals schaffen wird, das Leben von der Erde zu tilgen (einfach mal nach Deinococcus radiophilus googlen), so müssen sich unbestreitbar einige Aspekte unseres Lebens grundlegend verändern, wenn wir in Zukunft nicht vor bis dato unlösbaren Problemen im Hinblick auf Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft stehen wollen.
Es ist daher kaum überraschend, dass in den letzten Jahren nachhaltiges Investieren immer mehr in den Fokus der Finanzbranche gerückt ist. Immer mehr Menschen wollen auch bei ihrer Geldanlage ein gutes Gewissen haben und an der zunehmend positiven Entwicklung teilhaben. Warum das allerdings nicht bedeutet, dass auch jedes Buch über das Thema lesenswert ist, erfährst du in dieser Rezension.
Gleich vorneweg: kritisiert man ein Buch, dass einem vom Verlag zur Verfügung gestellt wurde, ist man ja immer geneigt, diese Nettigkeit auch zu honorieren. Wir glauben allerdings, dass es unsere Pflicht ist, jedes gesponserte Buch nach den gleichem Maßstäben zu betrachten, wie wir es auch mit selbstgekauften tun würden.
Legen wir diese Standards zugrunde, können wir Gutes Gewissen und dennoch erfolgreich keine gute Bewertung geben. Das liegt weniger an unser hohen Erwartung (Der Aktien und Börsenführerschein von Beate Sander wurde mehr als 50.000 mal verkauft), sondern vor allem an folgenden Aspekten des Buches.
Die Autorin stellt in ihrem jüngsten und letzten Buch vor allem ihre persönliche Anlagestrategie vor, mit der sie es zu einem nicht zu vernachlässigendem Vermögen gebracht hat. Sie beschreibt dabei zwar nicht in ausreichendem Maße ihre zugrundeliegenden Prinzipien, nennt aber gleich zu Beginn, dass ihrer Meinung nach bei einem nachhaltigen Investment in Fonds oder Unternehmen nicht alle Teile davon nachhaltig sein müssen, womit wir absolut übereinstimmen.
Unter diesem Aspekt stellt sie im Folgenden dann allerdings immer mehr Unternehmen vor, die in der jüngsten Vergangenheit auch medial vor allem wegen allgemeiner Missstände bei Nachhaltigkeitskriterien aufgefallen sind, wobei sie dabei auch zu selten zwischen ökonomischer, ökologischer und gesellschaftlicher Nachhaltigkeit unterscheidet.
Da sie vor allem Unternehmen vorstellt, die eher in zukunftsträchtigen Branchen vertreten sind und die in den letzten Jahren ein überdurchschnittliches Wachstum erwirtschaften konnten, ist es nicht verwunderlich, dass ihre Strategie zwar erfolgreich aber wohl kaum nachhaltig ist.
Ohne auf die wachsende Anzahl an klimaneutralen, gut geführten und arbeitnehmerfreundlichen Unternehmen einzugehen, die man nicht sowieso aus sämtlichen Börsennews kennt, wiederholt Sander immer wieder viele ihrer Gedankengänge, auch zum Teil ohne passenden Bezug zum Text. So wird beispielsweise (nachgezählt!) 11 mal erwähnt, dass der DAX während der Corona-Pandemie von seinem Höchststand von über 13.000 Punkte auf 8.000 Punkte gefallen ist.
Dazu passend: Im Laufe des Buches bezieht sich die Autorin immer wieder auf die aus ihrer Sicht zu unrecht genommenen bürgerlichen Freiheiten während der Corona-Pandemie in den Jahren 2020/21. Auch wenn diese sicherlich zumindest diskutabel sind, sollte man jedoch nicht dem leider weit verbreiteten Denkfehler unterlaufen, zu glauben, dass das Corona-Virus aufgrund der "geringen" Sterberate in Deutschland nicht so gefährlich wäre, wie befürchtet worden ist. Sterbe- und Ansteckungsrate waren ja so "gering", gerade weil die entsprechenden Maßnahmen getroffen wurden. Was das ganze Thema allerdings in so einem Umfang in einem Buch über nachhaltiges Investieren zu suchen hat, bleibt fraglich.
Darüber hinaus kann das Buch auch vom Aufbau her nicht punkten. Viele Kapitel wirken austauschbar und die vielen Wiederholungen werden an unpassenden Stellen platziert. Alles in allem fehlt dem Buch der Rote Faden und die Kapitel stehen in keinem klaren Zusammenhang zueinander.
Betrachtet man die anvisierte Zielgruppe, so ist das Buch besonders kritisch zu betrachten. Jemand der seine finanzielle Karriere möglicherweise gerade erst gestartet hat und nach Sanders Börsenführerschein jetzt auf nachhaltiges Investieren umschwenken möchte, könnte auch von dem vergleichsweise hohen Preis nicht abgeschreckt werden und mit diesem Buch eine Enttäuschung erleben. Schlimmer noch wäre wohl nur der Kauf von vorgestellten Fonds/Aktien in dem Glauben, man würde dadurch nachhaltig investieren.
Positiv hervorzuheben sind die beiden Gastbeiträge von Dr. Halit Uenver am Ende des Buches. Hier wird das gemacht, was man eigentlich schon im ganzen Buch erwartet hat und nachdem in aller Kürze skizziert wird, was Nachhaltigkeit eigentlich im Zuge des Investierens bedeutet, einige wirklich als nachhaltig zu bezeichnende Unternehmen vorgestellt.
Sollte dich das Thema sehr interessieren und du dir eine umfassende Sichtweise über das Themen verschaffen willst, kannst du das Buch natürlich trotzdem hier bestellen* und uns dabei ganz kostenlos unterstützen. Gutes Gewissen und dennoch erfolgreich ist 2020 im Finanzbuchverlag erschienen und hat 288 Seiten.
Fazit
Wenn du neu an der Börse bist und nach ein paar rendite-starken Aktien suchst, dann kannst du Gutes Gewissen und dennoch erfolgreich definitiv lesen. Wenn du dich für nachhaltiges Investieren, generelle Kriterien für Nachhaltigkeit, die Zukunft der Branche oder bestimmte nachhaltige Fonds/Unternehmen interessierst, dann wirst du mit hoher Wahrscheinlichkeit vom Buch enttäuscht werden. Nachhaltigkeit wird im Buch weder umfassend erklärt, noch ist die vorgestellte Fonds-/Aktienauswahl wirklich nachhaltig. Dem Buch fehlt ein roter Faden und viele Inhalte werden mehrfach wiederholt. Da das Thema der nachhaltigen Geldanlage aber eindeutig zukunftsträchtig ist, gibt es viele andere Alternativen, mit denen man sich umfassend informieren kann (u.a. dieses* oder dieses*).
Über die Autorin
Beate Sander (aka Die Börsenoma) war eine deutsche Realschul- und Volkshochschullehrerin sowie Autorin. Sie schrieb pädagogische Lehr-, Lern- und Arbeitsbücher sowie eine Vielzahl von Ratgebern über die Investition in Aktien, darunter den Bestseller Der Aktien- und Börsenführerschein, der zehn Auflagen erreichte.
Sie schrieb zu Lebzeiten regelmäßig Börsenkolumnen, unter anderem bei der Bild-Zeitung und trat als Talkshow-Gast im Fernsehen auf. Sanders begann ihre Börsenkarriere erst mit 60 Jahren und nur 30.000 Euro Startkapital. Mit ihrer Börsen-Strategie schaffte sie es nach eigenen Angaben, ihr Vermögen innerhalb von 22 Jahren auf knapp 2 Millionen Euro zu vergrößern.
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Der Text verwendet wegen der besseren Lesbarkeit nur die männliche Bezeichnungen; selbstverständlich sind damit auch alle anderen Geschlechter angesprochen, männlich, weiblich und divers.
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